Fortunato - Die Stunde des Narren by Fortunato

Fortunato - Die Stunde des Narren by Fortunato

Autor:Fortunato [Fortunato]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783955301965
Herausgeber: Edel Germany GmbH, Hamburg
veröffentlicht: 2015-06-02T16:00:00+00:00


Über den Wasserfällen

Als Xenia mit letzter Kraft die Schlucht endlich überwunden hatte, ließ sie sich vornüberfallen und konnte ein heftiges Schluchzen nicht vermeiden. Das goldene Amulett war ihr aus dem Kragen gerutscht und blitzte sie im schrägen Sonnenlicht an. Sie legte die steif gefrorene Hand darauf, rollte sich zusammen und Tränen flossen ihr über die Wangen. Konrab ließ sich neben ihr nieder und strich ihr mit dem Flügel übers vereiste Haar. »Dass du überhaupt hier hochgekommen bist, ist schon ein Wunder«, sagte er und versuchte, seiner Stimme etwas Tröstliches zu geben. »Schau, es ist fast Nacht. Du musst dir einen Ort suchen, an dem du geschützt bist. Und du musst dich ausruhen.«

Xenia nickte. Sagen konnte sie nichts mehr. Immer noch hielt sie den Stock starr umklammert, der ihr das Leben gerettet hatte, dieses feste Stück Holz, das plötzlich trocken und griffig da gewesen war, als sie sich schon verloren geglaubt hatte. Das musste ihr Schutzengel ihr in den Weg geworfen haben, um sie vor dem Sturz in die Tiefe zu retten. Sie nickte nochmals, diesmal etwas fester. »Danke, Konrab«, sagte sie schließlich und rappelte sich auf. »Das werde ich tun.«

»Wenn ich einen Vorschlag machen dürfte ...«

»Aber gerne! Ich wäre froh um einen guten Rat.«

»Es ist nicht weit von hier, drüben am anderen Ufer ...« Das Elstermännchen wies über den Fluss auf die Umrisse einiger Bäume, die sich in der Dämmerung abzeichneten. Richtig, dachte Xenia, hier beginnt schon bald der Elfenwald. Die Grausümpfe liegen hinter mir. Sie blickte noch einmal zurück, die Schlucht hinab. Der Fluss war hier oben zugefroren. Nur kurz bevor er in die Tiefe stürzte, war er vom Eis frei. Dorther rührte das stete Donnern, das die Luft erfüllte und irgendwo in ein dumpfes Grollen überging. Ja, sie würde den Fluss überqueren und sich in den Schutz der Bäume begeben. »Guter Vorschlag, mein Freund«, sagte sie. »Gehen wir.« Sie deutete dem Elstermännchen an, dass es auf ihre Schulter springen könnte, doch Konrab winkte ab. »Ich bin längst nicht so erschöpft wie du. Das ist für meine Flügel ein Klacks.«

»Dann könntest du schon mal vorfliegen und sehen, wie wir uns am besten einrichten können?«

»Keine Frage!« Der schwarz-weiß gefiederte Vogel schwang sich auf und war mit zwei, drei Flügelschlägen bereits weit voraus, während Xenia den Rücken durchdrückte, noch einmal tief Luft holte und schließlich mit dem neuen Stock fest in den Schnee stieß, um loszuwandern. »Florine«, sagte sie leise, »wir kommen.« Jetzt, da die Teufelsschlucht hinter ihr lag, ging es endlich leichter. Sie war zwar restlos erschöpft, doch es schneite nicht, ihre Füße bekamen im Schnee, mit dem auch das Eis auf dem Fluss überdeckt war, guten Halt – und sie spürte den Hunger nicht mehr. Offenbar hatte sie sich daran gewöhnt.

Gut möglich, dachte sie, dass dort bei den Bäumen auch die Stelle ist, an der die beiden Flüsse zusammenfließen. Eigentlich war es so, dass der Weiße Rab und der Schwarze Rab bis zu diesem Punkt ein einziger Fluss waren und sich an dieser Stelle trennten. Während der Weiße Rab



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.